In den letzten Jahren hat der Megatrend Digitalisierung für viele Innovationen gesorgt und dabei ganze Märkte auf den Kopf gestellt. Von der Produktion über Bildung bis hin zu Mobilität und Medizin. Kein Lebensbereich scheint von der Digitalisierung ausgelassen.
So stellt sich jeder Unternehmenslenker die Frage, wie wird meine eigene Branche in Zukunft beeinflusst, worauf muss ich mich einstellen? Diese Fragen sind nicht immer leicht zu beantworten, denn die Digitalisierung spielt oft über Bande. Veränderungen gibt es nicht nur in der ursprünglich betroffenen Branche, sondern sie taucht unerwartet auch an ganz anderer Stelle auf. Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ist aus meiner Sicht ein solches Beispiel. Hier passiert so Einiges, was durch die Digitalisierung möglich wird. Smart Home beispielsweise, die intelligente Steuerung der gesamten Haustechnik. Auch gibt es Ansätze, älteren Menschen für längere Zeit ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen. Die Digitalisierung bringt dazu die nötigen Systeme, von der Gesundheitsüberwachung über die Betreuung bis hin zum Lieferservice direkt nach Hause.
Diese Themen sind spannend für die Wohnungswirtschaft und bringen eine gewisse Veränderung mit sich. Doch am Ende lässt sich darauf als Hauseigentümer oder Betreiber sehr flexibel reagieren. Die nötigen Anpassungen sind mit mehr oder weniger Aufwand gut im eigenen Bestand umzusetzen.
Die Standortqualität von Immobilien durchläuft die Digitale Transformation
Doch gibt es auch Entwicklungen der Digitalisierung, an die sich eine Immobilie nicht leicht anpassen lässt? Ja, die gibt es. Aus meiner Sicht ist es die Einführung des „Autonomen Autos“ in den nächsten 10-15 Jahren. Ein Fahrzeug, das ohne Fahrer seinen Weg zum Ziel findet. Warum hat gerade diese Innovation so große Auswirkungen auf den Immobilienbereich? Weil es auf die sensibelste Eigenschaft einer Immobilie eine erheblich Auswirkung hat: DIE LAGE.
Die Lage einer Immobilie wird von diversen Faktoren beeinflusst. Viele Kriterien reflektieren indirekt die Verkehrslage und die Erreichbarkeit des öffentlichen Nahverkehrs. Damit verbunden sind der Zugang zu Einzelhandel, Freizeitangeboten, Arbeitsmöglichkeiten und Erreichbarkeit von Infrastruktur wie Schule oder ärztlicher Versorgung. Und genau hier bringt das Autonome Auto eine radikale Veränderung.
Was wäre, wenn der Nahverkehr in Zukunft über diese selbstfahrenden Fahrzeuge abgewickelt würde. Der Fahrgast wird an seiner Haustür abgeholt und genau dort hingebracht wo er gerne möchte. Das Auto fährt im Anschluss zum nächsten Passagier, und kann somit langfristig einen vergleichbaren Fahrtpreis wie Bus und Bahn erreichen. Plötzlich wäre der Engpass „Haltestelle und Fahrplan“ verschwunden. Das bringt Lagen in den Fokus, die vorher wegen schlechter Verkehrsanbindung als unattraktiv wahrgenommen wurden. Supermärkte werden damit leichter erreichbar. Auch spät abends und am Wochenende gibt es für Jugendliche keine Einschränkungen mehr. Der Weg zum Arzt für Ältere wird leichter und das Auto könnte die Kinder sogar selbstständig zur etwas entlegenen Schule chauffieren. Ruhe, grüne Flächen und günstige Wohnkosten werden auf einmal wichtiger, der ländliche Raum wieder interessanter. Auch werden plötzlich riesige Parkflächen mitten im Zentrum von Städten frei für eine Bebauung, denn dem Einkaufzentrum, der Oper oder dem Dienstleistungsunternehmen reicht dann ein Eingangsbereich, wo die Autos vorfahren können, um ihre Passagiere abzusetzen.
Auswirkungen der Digitalisierung sind sehr langfristig
Was sich hier so futuristisch anhören mag, wird in den nächsten 10-15 Jahren Realität werden. Die ersten Fahrzeuge sind schon erfolgreich auf der Straße unterwegs und einige Städte werden bereits ohne traditionellen Autoverkehr geplant. Was als Digitalisierung der Mobilität beginnt wird aus meiner Sicht in Zukunft nachhaltige Auswirkungen auf unsere Städte sowie den ländlichen Raum haben und damit die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft maßgeblich verändern.
Autor: Jens Hansen
Ursprünglich erschienen im Verbandsmagazin des Verbands der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (VdW) Rheinland Westfalen